Lasst mich mit diesem Zitat beginnen
"Das ist historisch wertvolles Material, denn in diesen fünf Bänden wird der gesamte NSU-Prozess
vor dem Münchner Oberlandesgericht dokumentiert. (...) Und schließlich zeigt diese
Veröffentlichung einmal mehr, wie viele wichtige Fragen noch offen sind, wenn es um die Taten
der NSU-Terroristen geht. Wie groß war der Unterstützerkreis wirklich? Wer gehörte noch zum
NSU-Netzwerk?"
~ Bastian Wierzioch, mdr Kultur
Am 21.11.2018 um 20 Uhr fand im Rahmen des Literaturfestes in München eine Lesung aus "Der NSU-Prozess. Das Protokoll" statt.
Ganz ehrlich ich war mir unsicher wie diese Veranstaltung werden wird, welches Publikum da sein wird und wie dieser schwere Stoff dargestellt werden kann. Und ich kann jetzt schon sagen, ich wurde von allem sehr positiv überrascht.
Zuerst möchte ich aber noch meinen größten Respekt an die Autoren dieses Monumentalen und wichtigen zeigen. Ich finde ihre Arbeit sehr wichtig.
Inhalt:
Der Inhalt des Werkes ist eine wörtliche Mitschrift des NSU Prozesses in München mit all seinen Wendungen und Aussagen. Ich finde, der Klappentext formuliert dies sehr passend:
Am 6. Mai 2013 beginnt in München der größte Strafprozess in Deutschland seit der Wiedervereinigung. Am 11. Juli 2018 wird das Urteil gesprochen. Eine Frau und vier Männer werden beschuldigt, die Terrororganisation NSU gegründet oder unterstützt zu haben – eine rechtsradikale Gruppe, die zehn Menschen ermordet, drei Sprengstoffanschläge verübt einen Brandstiftung und 15 Raubüberfälle begangen haben soll. Das Verfahren wird mehr als fünf Jahre dauern, mehr als 600 Zeugen und Sachverständige kommen zu Wort, über 60 Anwälte vertreten die fünf Angeklagten und 93 Nebenkläger an 437 Prozesstagen.
Annette Ramelsberger, Tanjev Schultz und Rainer Stadler gehören zu den wenigen Journalisten, die Zutritt zum Gerichtssaal hatten und die Verhandlung vom ersten Tag an lückenlos verfolgt haben. Aus ihren täglichen Mitschriften ist ein umfangreiches Protokoll entstanden, das in diesen fünf Büchern dokumentiert wird: Ein Stück deutscher Geschichte.
Es handelt sich um Originaltöne aus der Verhandlung, die gekürzt, aber sonst unverändert wiedergegeben werden. Durch die Stimmen des Richters, der Zeugen, der Sachverständigen, der Anwälte und der Angeklagten entsteht ein Gesamtbild von zehn Jahren Terror, dem nicht endenden Schmerz der Opfer, dem eiskalten Vorgehen der Täter, dem Dilettantismus der Ermittler und der schwierigen Suche nach der Wahrheit, die doch so offensichtlich zu sein scheint.
Meinung:
Nun zu meiner Erfahrungen, während der Lesung, ich hatte Gänsehaut. Ich war bereits durch mein einjähriges Jura Studium in ein paar Gerichtssälen und konnte die Atmosphäre genau fühlen. Ich war schockiert, was wirklich in diesem Gerichtssaal passiert ist und konnte an manchen Stellen nicht glauben, dass dies die Realität und keine Fiktion ist. Durch die sprachliche Darstellung von Marion Niederländer und Thorsten Krohn war man gefesselt und einige Lacher gingen durch das Publikum, doch nicht etwa, weil es so lustig war, sondern weil Entsetzen und Unverständnis zusammen kam. Es war unfreiwillig komisch. Die Lesenden waren von der Stimme und der Ausdrucksweise wirklich gut gewählt und haben mich sehr beeindruckt.
Nach der Lesung gab es noch eine kleine Interviewrunde mit Annette Ramelsberger und Rainer Stadler. In dieser wurden noch einige Fragen des Publikums beantwortet und der Prozess hinter dem Werk in den Mittelpunkt gerutscht. Ich empfand es als faszinierend wie viel Arbeit hinter diesem Werk steckt und wie zeitaufwändig die Arbeit in diesen fünf Jahren war. Nochmals den allergrößten Respekt und meinen Dank.
Autor:
Annette Ramelsberger
Annette Ramelsberger, Gerichtsreporterin der
Süddeutschen Zeitung, hat die Deutsche
Journalistenschule besucht und Jura, Politik und
Journalistik studiert. Sie war Redakteurin des Spiegel
und der Berliner Zeitung in München und Berlin und
DDR-Korrespondentin der Nachrichtenagentur AP zur
Zeit des Mauerfalls. Seit 1997 ist sie bei der
Süddeutschen Zeitung als Ressortleiterin und
politische Reporterin. In der Berliner
Parlamentsredaktion war sie jahrelang die Expertin
für politischen Extremismus und Terrorismus.
Tanjev Schultz
Tanjev Schultz, geb. 1974, ist Professor für
Journalismus an der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz. Zuvor war er innenpolitischer Redakteur der
Süddeutschen Zeitung. Für seine journalistischen
Arbeiten ist er mit etlichen Preisen ausgezeichnet
worden, unter anderem mit dem Goethe-Medienpreis
und dem Universitas-Preis für
Wissenschaftsjournalismus. Er hat mehrere Bücher
veröffentlicht, unter anderem über Bildungspolitik und
über die Plagiatsaffäre des Politikers Karl-Theodor zu
Guttenberg.
Rainer Stadler
Rainer Stadler, geboren 1967, studierte Informatik
und absolvierte die Journalistenschule in München.
Er arbeitete als freier Journalist und
Auslandskorrespondent (Los Angeles) und schrieb
u.a. für die Süddeutsche Zeitung, den Focus und den
Spiegel. Seit 2001 ist er Redakteur beim SZ-Magazin.
Wiebke Ramm
Wiebke Ramm, geboren 1976 in Hamburg, hat
Psychologie in Berlin mit Schwerpunkt
Rechtspsychologie am Institut für Forensische
Psychiatrie der Charité studiert. Nach Diplom und
Volontariat arbeitete sie mehrere Jahre als
Redakteurin. Seit 2011 schreibt sie als freie
Journalistin über bedeutsame Strafprozesse in ganz
Deutschland. Über den NSU-Prozess berichtete sie
unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, das SZMagazin und Spiegel Online.
Buchinfos:
Titel: Der NSU-Prozess. Das Protokoll
Autor: Ramelsberger, Annette
; Schultz, Tanjev
; Stadler, Rainer;
Ramm, Wiebke
Verlag: Verlag Antje Kunstmann2018
Sprache: Deutsch
Format: Hardcover, 2000 Seiten
ISBN-13: 978-3-9561-4095-2
© Cover, Biografie, Klappentext und Autorenfoto Verlag Antje Kunstmann GmbH